Von den Absurditäten des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes
Das Wort an sich - Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) - ist schon ein Ungetüm. Ungemütlich kann es auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs werden, der sich eigentlich nur eine vernünftige Karriereperspektive wünscht. Im Gegensatz zu anderen Hochschulsystemen bietet das deutsche unterhalb der Professur kaum unbefristete Anstellungsmöglichkeiten. Damit Mitarbeiter nicht auf ewig befristet beschäftigt werden, gibt es die sogenannte 12-Jahres-Regel, die besagt, dass Wissenschafterinnen und Wissenschaftler nicht länger als zwölf Jahre (sechs vor und sechs nach Abschluss der Promotion) beschäftigt werden dürfen. Aber natürlich gibt es Ausnahmen, die allerdings zu teils absurden Konsequenzen führen.
Ein Beispiel gibt Markus Dahlem in seinem Beitrag für die SciLogs, in dem er anhand seines eigenen Werdegangs darlegt, mit welch komplexen Konstruktionen in der Praxis hantiert wird:
"[...] dieses Gesetz führt in der Tat zu einer widersinnigen Regelung, weil es unzureichend von zwingend greifenden Maßnahmen zur Schaffung von akademischen Juniorpositionen flankiert ist, d.h. Positionen, die Auskommen und Karrierepersepktive bieten [...].Die gegenwärtige Regelung führt seiner Meinung nach nicht zu einer Verbesserung der Position des wissenschaftlichen Nachwuchs, der Unabhängigkeit und Perspektive benötige. Die Lösung sieht Markus Dahlem in mehr akademischen Juniorpositionen. Von diesen ist an deutschen Universitäten bislang kaum etwas zu sehen:
Bevor jemand diese Regelung kritisiert, sollte er bedenken, dass wohl leider der wesentliche Grund, warum sie ins Leere läuft, gerade der ist, dass mit hoher Kreativität von Alternativen zur akademischen Juniorposition Gebrauch gemacht wird, um dieses Gesetz bewusst zu umgehen – ich kann die unredlichen davon gar nicht alle aufzählen, aber die Leser können es in den Kommentaren. Natürlich wird ein Gesetz, das umgangen werden kann, nicht zu der gewünschten Regelung des wissenschaftlichen Nachwuchses führen."
"Ich frage konkret: wie viel Prozent der akademischen Juniorpositionen, die als Anschub Drittmittel-finanziert wurden, sind heute verstetigt und werden aus dem Etat der Hochschule getragen? Der Druck für eine Reform verpufft, solange es günstigere Lösungen gibt."In seinem Fall war die günstigere Lösung eine Gastdozentur. Er fordert daher eine Strukturreform für die Karrierewege des wissenschaftlichen Nachwuchses:
"Es liegt weniger an der Rechtslage, denn dass nach 12 Jahren die Qualifikationsphase nicht mehr als Befristungsgrund gelten kann, ist selbsverständlich. Weniger selbstverständlich, aber mit einer föderalen Bildungspolitik gewollt, ist, dass die Strukturreform vor Ort geregelt werden muss.Um gegen die Missstände vorzugehen, hat Markus Dahlem bei Facebook eine Seite "25% akademische Juniorpositionen" ins Leben gerufen, auf der man sich zum Thema austauschen kann und weitere Initiativen koordiniert werden können.
Dem politischen Willen im Hochschulrahmengesetz müssen endlich Taten folgen. Da eine Strukturreform kostenneutral erfolgen muss, wird es nicht ohne Verlierer gehen. [...] Ein weiteres Stück der Verantwortung für die momentane Fehlentwicklung liegt sicher auch ganz vorne, in den Händen des Nachwuchses selbst. Als Wissenschaftler trage auch ich Verantwortung für die Redlichkeit des Systems, in dem ich Wissenschaft machen will."